Ein Überblick über das CISG*

 

UN-Kaufrecht

Weltweit einheitlich einkaufen

Absicht des UN-Kaufrechts ist es, ein weltweit einheitliches Kaufrecht zu schaffen, um den internationalen Handel zu vereinfachen. Alle großen Industrienationen – derzeit 57 Länder – sind Vertragsstaaten des UN-Kaufrechts. Über 70 Prozent des deutschen Exports werden mit Geschäftspartnern abgewickelt, die in Vertragsstaaten des UN-Kaufrechts ansässig sind. Für den deutschen Exporteur bedeutet das, dass die Bestimmungen des UN-Kaufrechts weitgehend die Vorschriften von BGB und HGB ersetzen. Welche Besonderheiten müssen beachtet werden?

Das UN-Kaufrecht gilt für alle Exportgeschäfte über Waren. Ausgenommen sind Käufe, wie zum Beispiel der Kauf eines PKW zu privaten Zwecken. Wichtig ist, dass die Käufe grenzüberschreitend sein müssen. Das heißt, für reine Inlandsgeschäfte gilt das UN-Kaufrecht nicht. Außerdem muss Kontakt zu mindestens einem Vertragsstaat des UN-Kaufrechts bestehen. Dabei ist allein die Niederlassung entscheidend, nicht etwa die Staatsangehörigkeit. Danach kommt UN-Kaufrecht zur Anwendung, wenn die Staaten, in denen Käufer und Verkäufer ihre Niederlassung haben, beide Vertragsstaaten des UN-Kaufrechts sind. Das UN-Kaufrecht ist deutsches Recht, nicht internationales Recht. Das heißt, es kommt auch dann zur Anwendung, wenn die Parteien deutsches Recht vereinbaren. Die Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts kann von den Parteien ausgeschlossen werden. Da die Regelungen des UN-Kaufrechts in vielen Fragen von BGB und HGB abweichen, sollten die Vertragschließenden vorab genau prüfen, inwieweit sie das UN-Kaufrecht anwenden wollen. Das UN-Kaufrecht muss ausdrücklich ausgeschlossen werden, wobei auch nur einzelne Regelungen ausgenommen werden können.

Was bei Vertragsschluss zu beachten ist
Der Vertrag kommt – sowohl nach BGB und nach UN-Kaufrecht – durch Angebot und Annahme zustande. Ein Angebot ist ein Vorschlag, der bestimmt genug ist, das heißt die Ware muss genau bezeichnet sein, die Menge festgesetzt, der Preis bestimmt werden. Der Anbietende muss deutlich zu erkennen geben, dass er an sein Angebot gebunden sein will. Wirksam ist ein Angebot erst dann, wenn es dem Empfänger zugeht. Nach UN-Kaufrecht kann das Angebot nur von dem akzeptiert werden, an den es gerichtet ist. Vorsicht ist geboten bei Angeboten an Handelsvertreter, weil nicht dieser, sondern ein Dritter Adressat des Angebotes ist. 

Eine wichtige Unterscheidung zwischen BGB und UN-Kaufrecht besteht auch darin, dass ein Angebot nach UN-Kaufrecht frei widerrufen werden kann, wenn der Widerruf dem Empfänger vor seiner Annahmeerklärung zugeht. Eine wichtige Besonderheit gilt auch, wenn sich die Annahme inhaltlich nicht mit dem Angebot deckt. Nach dem BGB gilt jede Änderung als neues Angebot. Nach dem UN-Kaufrecht kommt das Angebot mit dem veränderten Inhalt zustande, es sei denn, die Abweichung ist wesentlich. Wenn jedoch die Änderung für den Anbietenden günstiger ist, dann kommt der Vertrag bei Annahme zustande und die Wesentlichkeit spielt keine Rolle. Zu beachten ist auch die Besonderheit bei der Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs): Während nach BGB/HGB der bloße Hinweis auf die AGBs genügt, ohne dass ihr Text der anderen Seite übergeben werden muss, verlangt das UN-Kaufrecht, dass dem Vertragspartner die AGBs kenntlich gemacht werden. Deshalb muss der AGB-Text in der Vertragssprache dem Angebotstext beigefügt sein. 

Pflichten von Käufer und Verkäufer
Der Verkäufer muss die Ware liefern, eventuell erforderliche Dokumente übergeben und das Eigentum übertragen. Lieferort ist nach dem UN-Kaufrecht in der Regel der Ort, an dem der Verkäufer die Ware dem Beförderer übergibt. Das gilt natürlich nicht, wenn die Parteien vereinbart haben, dass die Ware zum Käufer geliefert werden soll. 

Den Käufer trifft eine verschärfte Untersuchungs- und Rügepflicht. Während nach dem HGB bei gravierenden Quantitätsfehlern und Falschlieferungen, bei denen ein Einverständnis des Käufers mit der Ware ausgeschlossen ist, eine alsbaldige Rüge nicht erforderlich ist, muss nach UN-Kaufrecht alles, was nicht vertragsmäßig ist, sofort gerügt werden. Als Mittelwert für die kurze Untersuchungsfrist hat die Rechtsprechung eine Frist von drei bis vier Tagen definiert. Für die Berufung auf Vertragswidrigkeit räumt das UN-Kaufrecht dem Käufer eine kurze Frist ein. Die deutsche Rechtsprechung geht hier im Durchschnitt von einer Wochenfrist aus, die zu laufen beginnt, wenn der Käufer Kenntnis von der Vertragswidrigkeit hat. Nur die ordnungsgemäße Anzeige sichert dem Käufer alle Folgeansprüche. 

Was für die Gewährleistung gilt
Wenn die Sache falsch oder minderwertig ist, hat der Käufer nach den BGB-Vorschriften das Recht, die Sache zurückzugeben und Schadensersatz zu verlangen oder den Kaufpreis zu mindern. Nach dem UN-Kaufrecht hat der Käufer die Rechte aus mangelhafter Lieferung nur dann, wenn es sich um eine wesentliche Vertragsverletzung handelt. Zum Beispiel: Wenn geliefertes Fleisch anstelle der vereinbarten 30 Prozent Fettanteil 50 Prozent aufweist und daher dem Käufer eine weitere Verwendung nicht zumutbar ist, liegt eine wesentliche Vertragswidrigkeit vor. Ansonsten führen selbst schwerwiegende Mängel nicht zu einer wesentlichen Vertragswidrigkeit, wenn der Verkäufer ohne zumutbare Belastung für den Käufer bereit ist, nachzuliefern. 

Andere Fristen
Nach den jetzigen BGB-Regeln verjähren Gewährleistungsansprüche in sechs Monaten ab Übergabe (bei beweglichen Sachen). Nach dem UN-Kaufrecht verjähren diese Ansprüche – wie nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz ab dem 1. 1. 2002 auch in Deutschland – erst nach zwei Jahren. Auch hier können die Parteien im internationalen Handel etwas anderes vereinbaren.

 

* von Rechtsreferendar A. Rathenau; Stand: Freitag, 24. Oktober 2003